Galerie

Der Kuss

Werkbeschreibung

zwei Figuren

Entstehungsjahr: 1998

Objektbeschreibung

Die Skulptur besteht aus zwei nahezu identischen Figuren, die sich zugewandt sind. Jede Figur ist in einen Stein gemeißelt, die beiden Steine stehen dicht beieinander ohne sich zu berühren. Betrachtet man die Skulptur ein wenig länger, so entsteht aus den beiden Einzelfiguren ein auf beide Steine „übergreifendes“ Antlitz. Dieses Antlitz – die Negativform der beiden Figuren – beinhaltet wiederum zwei Varianten: die Möglichkeit, dass seine Augen aus der Negativform über den Köpfen der Figuren entsteht, oder, daß seine Augen dieselben Augen der Einzelfiguren sind. Die beiden Steinfiguren wirken so, als ob sie sich an drei Stellen berühren würden: Ganz oben in einem Punkt, in der Mitte in einer kleinen Fläche und unten in einer großen Fläche, die die gesamten Körper inklusive Beine darstellt. Der Spalt zwischen den beiden Steinen ist durch den entsprechenden Hintergrund zur markanten Trennlinie geworden, die am unteren Ende in eine Pfeilspitze mündet, als ob sie ein Senkblei sei. Die Skulptur weist im eigentlichen keine Farbigkeit auf, lediglich durch die Oberflächenbehandlung des Steines gibt es Weiß oder Schwarz. Durch die klare geometrische Außenform der Skulptur sind Ihre Grenzen scharf umrissen. Jede Form, jede Farbe und auch die Assoziationen haben eine oder mehrere symbolische Bedeutungen, die aber nicht so ohne weiteres in Worte gefasst werden kann. Die Zuwendung der Figuren steht für den Kuss (der Titel der Skulptur), der wiederum nicht nur körperlich zu verstehen ist und ein Sinnbild für Zuneigung aber auch für das Einverleiben steht. Nur durch eine Respektsbekundung, durch ein Miteinander (was eine Art von Liebe ist) entsteht Gott, der als Antlitz vorhanden ist, sich jedoch nicht klar von den Einzelfiguren abgrenzt. Seine Augen sind möglicherweise auch die Augen der Figuren, die wiederum für unsere eigenen Augen (bzw. Sinnesorgane) stehen, aber in dieser Art und Weise eben nur im Miteinander entstehen kann. Möglicherweise sind seine Augen aber auch oberhalb der Köpfe der Figuren, dann grenzen sich deren Häupter nach oben hin nur durch seine Augen ab, sie entstehen erst durch diese Abgrenzung. Einerseits ist Gott durch die Figuren (die natürlich für uns selbst bzw. für die Menschen stehen) vorhanden, anderseits sind die Figuren nur durch Ihre Negativform (Gott) vorhanden. So beinhaltet das Eine das Andere und es gäbe das Eine ohne das Andere nicht; man kann das Eine aus dem Anderen ableiten und umgekehrt. Der weit aufgesperrte Mund des Antlitzes hat die Bedeutung von Macht in zwei Varianten: Zum Einen durch Verschlingen oder lautes Schreien, zum Anderen stellt der Mund eine Vagina dar, die neues Leben schenken kann. Der Spalt zwischen den Figuren – ein trennendes und dadurch auch definierendes aber auch ein befruchtendes Element - ist ein ebenso ambivalentes Element wie die Vagina, der Penis. Die drei Pseudoberührungen der Figuren beinhalten das Phänomen Zeit: die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft. Dass die Figuren sich nicht berühren, bedeutet lediglich, dass das Thema zeitlos ist. Die Farblosigkeit der Skulptur weist darauf hin, dass Gegensätze sich gegenseitig bedingen, es gibt kein Schwarz ohne Weiß und kein Weiß ohne Schwarz.

Ergänzende Bilder

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